Sardes

Sendschreiben an Sardes

Offenbarung 3,1-6
Und dem Engel der Versammlung in Sardes schreibe: Dieses sagt, der die sieben Geister Gottes hat und die sieben Sterne: Ich kenne deine Werke, daß du den Namen hast, daß du lebest, und bist tot. * Sei wachsam und stärke das Übrige, das sterben will; denn ich habe deine Werke nicht völlig erfunden vor meinem Gott. * Gedenke nun, wie du empfangen und gehört hast, und bewahre es und tue Buße. Wenn du nun nicht wachen wirst, so werde ich [über dich] kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, um welche Stunde ich über dich kommen werde. * Aber du hast einige wenige Namen in Sardes, die ihre Kleider nicht besudelt haben; und sie werden mit mir einhergehen in weißen Kleidern, denn sie sind es wert. * Wer überwindet, der wird mit weißen Kleidern bekleidet werden, und ich werde seinen Namen nicht auslöschen aus dem Buche des Lebens und werde seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln. * Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt!

Die Stadt

Sardes galt im Altertum als reiche Stadt durch Goldgewinnung und Handel. Im 6.Jahrhundert v. Chr herrscht hier der legendäre lydische König Krösus. Unter seleukidischer Herrschaft wurden hier jüdische Kriegsveteranen angesiedelt. Hier liegt der Ursprung der Synagoge und der späteren christlichen Gemeinde, die wahrscheinlich wie die anderen Adressaten der Sendschreiben von Ephesus aus gegründet wurde.

Im Jahr 17 n.Chr. wurde die Stadt durch ein Erdbeben zerstört und mit Hilfe eines 5-jährigen Steuererlasses und großzügiger finanzieller Hilfe des römischen Kaisers Tiberius wieder aufgebaut.

Die Stadt hat sich aber nie wieder ganz von dieser Zerstörung erholt und nie wieder die Bedeutung wie vorher erlangt.

Auslegung

Vers 1

Und dem Engel der Versammlung in Sardes schreibe: Dieses sagt, der die sieben Geister Gottes hat und die sieben Sterne: Ich kenne deine Werke, daß du den Namen hast, daß du lebest, und bist tot.

Die sieben steht in der Bibel an vielen Stellen für die Vollkommenheit. So stellt Jesus sich hier als der Vollkommene vor, sowohl im geistlichen (Geister) als auch im weltlichen (Sterne als Bild für den Kosmos) Bereich vor. Der Geist, insbesondere der Geist Gottes, steht für das Leben. So dass hier schon die Wichtigkeit – es geht um Leben und Tod – des Briefes angedeutet sein könnte.

Die sieben Sterne stehen für die Gemeindeleitungen (sh Kap 1), so dass dieses Bild deutlich macht, dass Jesus auch über sie Verfügungsgewalt hat und sie ihm Rechenschaft schuldig sind – er hält sie in der Hand.

Erschreckend an diesem Sendschreiben ist es, dass hier (im Gegensatz zu den vorherigen Schreiben) nicht mit einem ermutigenden Einleitungssatz begonnen wird, sondern direkt ein Mißstand angesprochen wird.

Ich kenne deine Werke, dass du den Namen hast, dass du lebest, und bist tot.

Die Gemeinde in Sardes hat den Ruf eine gute und lebendige Gemeinde zu sein. Es gibt keine Verfolgung und auch keine offensichtlichen inneren Zerreißproben wie die Irrlehrer-Auseinandersetzungen in anderen Gemeinden. Aber Jesus urteilt: „Du bist tot.“ Wie kann es zu geistlichem Tod kommen?

Grünzweig verwendet in seinem Kommentar in der Edition C Reihe hier ein schönes Bild (S.104): „Eine Hand ist wie „abgestorben“, wenn sie nicht mehr recht durchblutet ist, wenn der Lebenszusammenhang mit dem Körper nicht in Ordnung ist.“ Wenn also bei einem Christen oder einer Gemeinde der Lebenszusammenhang mit Jesus gestört oder zerbrochen ist, besteht die Gefahr des „absterbens“, weil das Leben nicht mehr von Weinstock in die Reben fließen kann (Joh.15). Das neue Leben wird bewirkt durch den Heiligen Geist. Der Heilige Geist ist aber ein sehr empfindsamer und unaufdringlicher Gast in unserem Leben und wird uns zu nichts nötigen. Wenn er durch andere „Geister“ ersetzt wird die Raum in unserem Leben gewinnen, dann weicht er (vgl. Jak.4,5; Ps.51,13 u.ä.)

Äußerlich war scheinbar viel Betrieb, Lebendigkeit, in der Gemeinde Sardes, aber das eigentliche geistliche Leben war tot. Aktivismus hat den innigen Lebenszusammenhang mit Jesus ersetzt. Jesus lässt sich nicht von äußerer Betriebsamkeit täuschen, sondern er blickt tief in das Herz. Und hier in Sardes sieht er ein religiöses Leben in der Gemeinde, dass nur noch Form ist, aber kein echtes geistliches Leben mehr (vgl. 2.Tim.3,5). Das ist ein heftiges Urteil. Aber auch eine Frage, die wir uns heute als Christen und Gemeinde immer wieder stellen müssen: Ist das was wir tun wirklich von geistlichem Leben erfüllt, oder ist es nur noch Tradition und Aktionismus, der nach außen hin eine Lebendigkeit zeigen soll, die gar nicht in uns lebt?

Da wir als Menschen immer nur das Äußere sehen können ist die Gefahr groß geistliche Lebendigkeit an bestimmten Formen oder der Anzahl der Aktivitäten fest zu machen Das Image nach außen hin wird wichtiger als die persönliche Beziehung zu Jesus und die gelebte tiefgehende Beziehung innerhalb des Leibes. So entsteht nach außen hin ein wunderschönes Kleid, dass aber noch noch den „Hohlkörper“ des fehlenden geistlichen Lebens kaschiert.

Wenn das nach außen hin auch alles ganz toll aussehen mag, so warnt Jesus hier, dass er das durchschaut und auf das eigentliche sieht (ich kenne deine Werke).

Vers 2

Sei wachsam und stärke das Übrige, das sterben will; denn ich habe deine Werke nicht völlig erfunden vor meinem Gott.

„Sei wachsam“ oder „werde wach“ (wie man auch übersetzen kann – es gibt also noch einen „Rest“, den Jesus ansprechen kann, bzw. den er durch sein Schöpferwort zu neuem Leben ruft.

Noch ist nicht alles verloren „stärke das Übrige“. Stärke die, die in der Gefahr stehen über den Schein das wirkliche Leben zu vernachlässigen und zu verlieren. Auch hier wieder ein, wie ich finde sehr treffendes, Bild aus dem Kommentar von Fritz Grünzweig (S.105f): „Wir sind da in derselben Lage wie Menschen, die in einer eisigen Nacht vom Erfrierungstod bedroht sind: Sie sind seit langem unterwegs und übermüdet; sie wollen nun nur noch schlafen; die grimmige Kälte spüren sie nicht mehr. Doch jetzt schlafen, wäre der sichere Tod. Da erkennt einer von ihnen plötzlich die Gefahr. Er springt erschrocken auf und eilt, die anderen zu wecken; er schreit sie an; er rüttelt sie wach. Darüber wird er selbst um so munterer und hält auch sich wach und am Leben.“

Die Gemeinde steht in der Gefahr durch ihre „Schläfrigkeit“ den Erfrierungstod zu erleiden. Ähnlich wie die Jünger im Garten Gethsemane, die erst durch Jesus wieder aufgeweckt werden mussten um der Gefahr ins Auge sehen zu können, muss die Gemeinde durch Jesus wieder aufgeweckt werden. Und diejenigen, die sich aufwecken lassen bekommen umgehend den Auftrag auch die anderen zu wecken.

„ich habe deine Werke nicht völlig erfunden“ – du tust zwar viel, aber entspricht nicht meinen „Ansprüche“ – ist der Vorwurf. Gleichzeitig deutet diese Aussage aber auch an, dass noch Zeit ist daran etwas zu ändern. Noch ist nicht alles verloren und es gibt noch Möglichkeit zur Umkehr und Neuausrichtung.

Vers 3

Gedenke nun, wie du empfangen und gehört hast, und bewahre es und tue Buße. Wenn du nun nicht wachen wirst, so werde ich [über dich] kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, um welche Stunde ich über dich kommen werde.

„Gedenke“ – schon im AT ist Gott oft so vorgegangen, wenn Israel in Schieflage geraten war. Er erinnert sein Volk daran, wie es am Anfang war und fordert sie dazu auf, auf diese Basis zurück zu kehren. Ähnlich klingt der Aufruf Jesu an die Gemeinde in Sardes. Denke an die Anfänge zurück, du weißt doch worum es geht. Am Anfang hast du es doch verstanden, du hast mich und mein Wirken doch kennengelernt. Du hast meine Gnade und Liebe kennengelernt. Kehre wieder da hin zurück!

„wie du gehört hast“ – fang wieder beim Glaubens ABC an, höre auf Gottes Wort wie an Anfang. „Und halte es“ – zieh die Konsequenzen. Sieh zu, dass du vom horchen zu gehorchen kommst.

„tue Buße“ = kehre um. Halte inne. Bedenke wo du stehst. Bedenke wo du herkommst und kehre von den Irrwegen um.

Irgendwann läuft die Möglichkeit zur Umkehr ab, auch wenn keine genau weiß, wann das sein wird (niemand kennt die Stunde). – vgl. Lk.12,40

Vers 4

Aber du hast einige wenige Namen in Sardes, die ihre Kleider nicht besudelt haben; und sie werden mit mir einhergehen in weißen Kleidern, denn sie sind es wert.

Es gibt einen „Rest“. So wie es im Laufe der Geschichte Israels und auch der Kirchengeschichte immer wieder (vgl. z.B. Jes. 11,11; Jer. 23,3 usw.) der Fall gewesen ist. Dieses Rest, der sich nicht befleckt hat und nicht abgestorben ist, wird Gott bewahren und bis zum Ende erhalten.

„Kleider nicht besudelt“ – Sünde beschmutzt den geistlichen Menschen. Egal ob es sich dabei um Zügellosigkeit wie z.B. in Ephesus oder um Kompromisse aus Angst oder Faulheit handelt.

Vers 5

Wer überwindet, der wird mit weißen Kleidern bekleidet werden, und ich werde seinen Namen nicht auslöschen aus dem Buche des Lebens und werde seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln.

Wieder ein zweischneidiges Wort. Einerseits eine Ermutigung für diejenigen die an Jesus festhalten und denen ihre Beziehung zu IHM und das Leben nach seinem Willen wichtiger ist als aller äußerer Schein. In der Rechtssprechung entspricht die Einkleidungen dem Akt der Freisprechung (vgl. dazu Off. 6,11)

Andererseits auch eine unterschwellige „Drohung“. Wenn Jesus hier sagt „ich werde seinen Namen nicht auslöschen“ heißt das ja indirekt auch, dass es durchaus die Möglichkeit gibt, dass genau das passiert.

Sprich: Menschen die einmal ein Leben mit Jesus angefangen haben können auch wieder aus diesem Heil herausfallen. Vor dieser Tatsache dürfen wir nicht die Augen verschließen – es gibt keine Heilssicherheit, nach dem Motto. „Jetzt habe ich es ein für alle Mal in der Tasche, egal wie ich mein weiteres Leben führe.“ Um es deutlich zu sagen: Gott lässt sich nicht verarschen! Wer das neue Leben von ihm erhält, der steht auch in der Verantwortung in diesem Leben zu leben und es in seinem Alltag konkret werden zu lassen. Ansonsten ist der Glaube tot (vgl. Jak 2,26).

Wer hingegen, trotz aller Fehler und Schwächen, die jeder von uns hat, an Jesus festhält und ihn in seinem Leben wirken lässt, für den wird ER auch vor dem Vater einstehen.

Vers 6

Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt!

Wir alle müssen uns fragen lassen, wie es um uns steht. Wir persönlich, unsere Gemeinden, unsere Kreise. Sind wir wirklich lebendig oder haben wir nur den Ruf?

Noch ist der Herr bereit uns zu neuem Leben zu rufen und neu mit uns zu beginnen. Aber die Zeit läuft irgendwann ab, wenn wir uns permanent weigern auf sein rufen zu hören.

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